Impuls Nr. 93

Dann kommst du wieder...

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

"Laetare" heißt der kommende vierte Sonntag der Fastenzeit "Laetare" - "Freue dich (Jerusalem)". Die traditionelle Bezeichnung des Sonntags geht auf einen Vers aus dem Prophetenbuch des Jesaja zurück, wo es im Zusammenhang heißt: "Freue dich, Stadt Jerusalem! Seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung" (Jes 66, 10–11). 

Was genau diese Freude bedeuten kann und wie unerhört sie ist, ist mir deutlich geworden als ich in der letzten Woche das neue Lied der Berliner Band "Element of Crime" gehört habe, die zweite vorab veröffentlichte Single des just kurz vor Ostern erscheinenden Albums "Morgens um vier". Das Lied trägt den Titel "Dann kommst du wieder". In der für Element of Crime typischen melancholischen Grundstimmung reiht es Hoffnungsbilder aneinander, die teils so skurril anmuten, dass man seine (oder zumindest ich meine)  innere Freude daran habe, was den nun wohl das nächste Bild ist, das immer einen weiteren Aspekt von dieser erhofften Rückkehr des- oder derjenigen offenbart. Wer wiederkommt bleibt offen, es lässt den Raum für Deutungen, den ich für mich als Christ im Horizont einer christlichen Hoffnung gefüllt habe: Eine Hoffnung einerseits auf ein Wiedersehen mit denen, die schon ihren letzten irdischen Weg gegangen sind, andererseits aber auch eine Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn und das mitten hinein in die Melancholie und die Freudlosigkeit unserer Tage.

Gleich am Anfang beginnt das Lied zu meiner Überraschung mit einem Bild aus der christlich-biblischen Tradition: "Der Pfarrer wird sehn, der Hahn dreimal krähn, die Erde wird sich etwas schneller drehn und dann kommst du wieder."
Und auf einmal bin ich mitten drin in der Frage: Wie geht unser heutiges Kirchesein (Bild des Pfarrers) mit der Geschichte zusammen, die wir in der Passionszeit wieder sehr ausdrücklich hören (das dreimalige Krähen des Hahns als Zeichen für die Verleugnung durch Petrus in der Leidensgeschichte Jesu). Wo müssen uns als Kirche die Augen aufgehen? Wo muss uns das dreimalige Krähen des Hahns aufwecken, damit sich die Erde etwas schneller drehen kann, damit Jesus wiederkommt, vielleicht zumindest und zuerst: in unsere Herzen, um uns zu verwandeln. Traditionell erwarten die christlichen Kirchen des Ostens die Wiederkunft des Herrn ganz besonders in der Osternacht. Diese Feier mit der Nachtwache, sie ist eine Feier der Sehnsucht auf die Wiederkunft Jesu.

Für mich wird das immer wiederkehrende "dann kommst du wieder" im Lied von Element of Crime zu einem Refrain der Vorfreude auf Ostern. Und die zunächst skurril anmutenden Metaphern (Katzen, die ihren Namen tanzen, Flugzeuge, die den Himmel bemalen, ...) werden mir immer mehr zur Anfrage, mit welcher grundsätzlichen Perspektive oder Haltung ich die Welt und ihre alltäglichen Dinge betrachte. Es ist wohl - in den Worten des Soziologen Hartmut Rosa - gerade dies die genuine Eigenart melancholischer Musik, die uns berührt, "weil wir sie als Resonanz auf unsere eigene Trauer, Melancholie oder Zerrissenheit, mithin also auf unsere eigenen Weltbeziehungen erfahren können", damit uns die Welt nicht stumm und kalt wird oder stumm und kalt bleibt (Hartmut Rosa, Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung, Rowohlt 2016, S. 135).

Und so hat mir das Lied von Element of Crime neu erschlossen, was diese christliche Freude bedeutet, die dem Laetare-Sonntag seinen Namen gibt: nicht ein permanentes Heitersein, das die Freudlosigkeiten unseres Lebens ausblenden müsste, sondern eine melancholische Freude, die sich speist aus der Hoffnung, dass der wiederkommt, der gegangen ist und sich dann die Welt verwandelt, vielleicht nicht nur, aber zuerst in meiner Perspektive. Und so ist das Lied wohl wirklich - wie es Element-of-Crime-Frontmann Sven Regener in einem Interview gesagt hat - ein Brühwürfel von Hoffnung und Sehnsucht.

Was Ihnen das Lied von Element of Crime erschließt? Wenn Sie Lust haben, hören Sie hinein:

Der Link führt auf das Video des Lieds auf dem Portal Youtube.

 

Herzliche Grüße,

Alexander Jaklitsch